Veröffentlicht am 24.12.2015. In: Frankfurter Neue Presse
Auf den ersten Blick erscheint das „WK-16“ wie eine gewöhnliche Kunstgalerie: Ein minimalitisch ausgestatteter Raum setzt Bilder an weißen Wänden prominent in Szene. Doch der Ausstellungsraum in der Frankfurter Walter-Kolb-Straße 16 ist alles andere als gewöhnlich…
Schon die Lage des „WK-16“ ist wohl einzigartig: Beheimatet ist die Kunstgalerie in einem Parkhaus, weit weg von den Ateliers der schicken Altstadtgassen. Dazu kommt, dass der Besitzer der Parkhausgalerie, Eric Kerschbaumer, kein Künstler ist, sich auch nicht als solchen sieht. Er ist Maschinenbauer, arbeitet seit 15 Jahren in Dreieich. Den Ausstellungsraum betreibt der Selbstständige nebenbei – „um mal was anderes zu machen“, wie er sagt.
Maschinenbauer betreibt Kunstgalerie
Die Idee dazu kam dem Kunstliebhaber, nachdem er mehrmals am Untergeschoss des Parkhauses vorbeigelaufen war. Über ein Jahr stand dort ein Raum leer. „Ich dachte mir, da kann man was draus machen“, erinnert sich der Galerist. Mit der Zeit habe der Raum „einen gewissen Charme entwickelt“.
Eines Nachts, vor dem Einschlafen, machte es „Klick“ bei Kerschbaumer: „Ich wollte im Stadtteil, wo ich lebe, viel Zeit verbringe und gerne unterwegs bin, einen sozialen Ort schaffen, wo Menschen zusammenkommen – das passt einfach“, sagt der gebürtige Sachsenhäuser und fügt zu: „Im Westend hätte ich das nicht gemacht.“
Asbach, Vinyl und DJs
Nicht nur die Kunstszene sei willkommen, sondern alle Gäste. Das gelte selbst für typische Alt-Sachsenhausen-Touristen, die wegen der Lage des „WK-16“ abseits des Partykiezes nur selten an der Galerie vorbeikommen. „Ich freue mich auch auf Touris – wenn sie Kunst kaufen und Getränke trinken“, sagt Kerschbaumer grinsend, um dann scherzend zu fragen: „Aber mein Gott, was wollen die mit Kunst?!“ Außerdem seien die Getränke bei ihm teuer: „Asbach für einen Euro gibt’s hier nicht.“
„Mein Gott, was wollen die mit Kunst?!“
Galerist Eric Kerschbaumer, über Alt-Sachsenhausen-Touristen
Ein Unterschied zu vielen klassischen Galerien ist das Konzept der Parkhaus-Galerie: Besucher sollen mit Musik und Getränken zum Bleiben animiert werden. Donnerstags und samstags ab 19 Uhr organisiert Kerschbaumer „offene, bunte Abende“ mit wechselnden Gastgebern. An der kleinen Bar legen DJs auf, manchmal auch Künstler – oder der Chef selbst. „Dann überwiegend Brit-Pop, ich bin ja schon etwas älter“, scherzt der 45-Jährige.
Bei Galerie-Eröffnungen könne es schon mal lauter werden. Probleme mit Nachbarn in der direkten Umgebung muss Kerschbaumer aber nicht fürchten – Nachbarn wohnen dort nicht. „Und das Betonmonster hier schluckt jeden Schall“, ergänzt der „WK-16“-Chef. Das habe er mit voll aufgedrehten Boxen schon getestet.
Nicht nur für Künstler
Anwohner seien positiv gestimmt, wenn sie den mit grauen Vorhängen bestückten und mit Eichenholz ausgestatteten Raum erstmals erblicken: „Der Raum stand ewig leer; schön, dass Sie das machen – und dann noch Kunst!“, wären die üblichen Reaktionen.
Auch die Frankfurter Kunstszene betrachte die neue Galerie nicht als Konkurrenz, sondern als Bereicherung, berichtet der gut in der Szene vernetzte Kerschbaumer. Seine Kontakte zahlen sich aus: Das nächste Jahr sei mit Ausstellungen „fast durchgebucht, bis auf einmal im Sommer.“ Allerdings spreche er nicht jeden Künstler an: „Die Kunst muss mich inhaltlich ansprechen, einen gewissen Anspruch haben. Nette Blumen mit Kühen und Wiesen will ich nicht aushängen“, sagt der Galerist.
Bald auch Konzerte
Die Ausstellungen wechseln ungefähr im Acht-Wochen-Rhythmus; Infos stehen vorwiegend auf „Facebook“; demnächst soll auch eine Website an den Start gehen. Eröffnet hat Kerschbaumer das „Parkhaus-WK-16“ mit einer Foto-Ausstellung. Bis Ende Januar präsentiert Künstler Dirk Baumanns abstrakte Ölbilder auf Leinwänden. Mit Fotos von Vanja Vucovic geht es ab Februar dann weniger abstrakt weiter.
Das „bewusst breite Kunstangebot“ möchte Kerschbaumer nächstes Jahr mit Konzerten und Lesungen um eine „Live-Komponente“ erweitern. Ambitionen, selbst zum Pinsel zu greifen, verfolgt der Hobby-Galerist nicht. Er fühle sich wohl auf der Seite, wo er steht. „Sich selbst auszustellen hat doch irgendwie auch was verzweifeltes“, scherzt er und lacht.